Arzneimittel und Lebensmittel
Die aktuelle Diskussion auf dem Lebensmittelmarkt wird national und international immer mehr durch Lebensmittel mit besonderem Gesundheitsaspekt beeinflusst. Auch auf den deutschen Markt drängen immer mehr sog. Wellness-Produkte. In diesem Bereich fielen in jüngster Zeit vor allem die vielfältigen Joghurt-Produkte (LC 1 von Nestlé, ProCult von der Molkerei Müller etc.) auf. Die in Deutschland geltenden Regelungen ergeben sich zunächst aus Arzneimittelgesetz und dem Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz.

Die in § 2 des AMG existierende Definition für Arzneimittel lautet, wenn man sie auf das Wesentliche des § 2 Abs. 2 Nr.1 zusammenfasst:
"Arzneimittel sind Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen".

Die in § 1 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz LMBG festgeschriebene Lebensmitteldefinition lautet:
"Lebensmittel im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe, die dazu bestimmt sind, in unverändertem, zubereiteten oder verarbeiteten Zustand verzehrt zu werden. Ausgenommen sind Stoffe, die überwiegend dazu bestimmt sind, zu anderen Zwecken als zur Ernährung oder zum Genuss verzehrt zu werden."

Darüber hinaus ist noch im Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz die Gruppe der diätetischen Lebensmittel zu finden. Unter diätetischen Lebensmitteln versteht man Lebensmittel für einen besonderen Ernährungszweck bestimmter Verbrauchergruppen, die sich durch ihre Zusammensetzung oder ihr Herstellungsverfahren von Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs unterscheiden. Als solche bestimmten Verbrauchergruppen können z.B. Säuglinge, Kleinkinder oder Personen mit Störungen des Stoffwechsels sowie andere Personen mit einem besonderen Ernährungsbedarf gelten.

Die so genannten Nahrungsergänzungsmittel oder Food Supplements sind noch nicht gesetzlich definiert. Bestimmungen aus verschiedenen rechtlichen Vorschriften lassen jedoch eine gewisse Beschreibung dieser Produktgruppe zu. So gibt z.B. die "Nährungwertkennzeichnungsverordnung" einen Hinweis darauf, dass Nahrungsergänzungen der Ergänzung der Nahrung durch die gezielte Zufuhr von Vitaminen, Mineralstoffen, essentiellen Fettsäuren oder bestimmten Eiweißstoffen und Kohlenhydraten dienen sollen. Diese Nährstoffe sollen in bedarfsgerechter Form angeboten werden, die vorwiegend Kapsel,- Pulver- oder Tablettenform beinhalten.

Die Einordnung verschiedener Produkte als Arznei- oder Lebensmittel fällt trotz der abstrakten Abgrenzungskriterien häufig schwer und hat zu einer Vielzahl von Rechtstreitigkeiten und unterschiedlichen Entscheidungen geführt. Entscheidend für die Einordnung ist nach § 1 LMBG die überwiegende Zweckbestimmung des Produkts anhand objektiver Kriterien. Dabei spielt die allgemeine Verkehrsauffassung, die sich aus der Verbrauchererwartung zu einem bestimmten Produkt ergibt, die größte Rolle. Produktmerkmale wie die Verkehrsbezeichnung, die Aufmachung, die Darreichungsform, die Werbung, der Preis und der Vertriebsort gestalten diese Verbrauchererwartung und beeinflussen die allgemeine Verkehrsauffassung.

Arzneimittel und Kosmetika
Ein weiteres Abgrenzungsproblem besteht zwischen Arzneimitteln und Kosmetika. Das Spannungsfeld entsteht, da Arzneimittel ausweislich der Definition in § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG auch solche Stoffe sein können, die die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktion des Körpers oder seelische Zustände beeinflussen. Auf der anderen Seite bestimmt § 4 Abs. 1 LMBG, dass kosmetische Mittel diejenigen Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind, die dazu bestimmt sind, äußerlich am Menschen zur Reinigung oder Pflege angewendet zu werden, es sei denn, dass sie überwiegend dazu bestimmt sind, Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu lindern oder zu beseitigen. Aus dieser Definition geht hervor, dass z.B. die reine Krankheitsprophylaxe ein Mittel nicht daran hindert, Kosmetikum zu sein. Aus der Definition in § 4 Abs. 1 LMBG ergeben sich einige hervorstechende Merkmale, anhand derer ein Mittel als Kosmetikum beurteilt werden kann. Zum einen geht es hier um Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, zum anderen um den Ort der Anwendung. Die Anwendung darf nämlich nur äußerlich oder in der Mundhöhle stattfinden. Zum anderen geht es auch hier um die Zweckbestimmung bzw. Verwendung des Produkts.

Zweckbestimmung kann neben der Reinigung oder Pflege die Beeinflussung des Aussehens oder des Körpergeruchs oder aber auch die Vermittllung von Geruchseindrücken sein. Beispielhaft für ein Produkt im Grenzbereich zwischen Lebensmittel und Kosmetikum ist die typische "Kosmetik von innen", die z.B. als Hautschutz oder Sonnenschutzprophylaxe angeboten wird. Derartige Mittel sollen einen rein kosmetischen Zweck haben, werden aber als Kapsel zum Schlucken zum Verzehr angeboten und fallen damit aus der Kosmetikdefinition, die eine äußerliche Anwendung voraussetzt, heraus.

Arne Krüger, stellv. Sprecher der Arzneimittelkommission der deutschen Heilpraktiker


LITERATUR:
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Bundesverband der Arzneimittelhersteller ( BAH ), Homepage, Informationen zum Arzneimittelrecht
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Krüger, A. Infektionskrankheiten im Kommen ?, Berliner Heilpraktiker Nachrichten Nr. 4 / 1997 und 1 / 1998
Krüger, A. : Arzneimittelkommission Aktuell, Pressemeldungen der Arzneimittelkommission der deutschen Heilpraktiker, Veröffentlicht u.a. in den Fachzeitschriften Naturheilpraxis, Heilpraktiker & Volksheilkunde, WIR und in der Homepage der Arzneimittelkommission unter www.ddh-online.de
Krüger, A. : Die rechtliche Situation der naturheilkundlichen Arzneimittel, Vortrag auf den 42. Berliner Heilpraktikertagen am 25. Oktober 2003
Krüger, A. : Die rechtliche Situation der naturheilkundlichen Arzneimittel in Deutschland und Europa, Vortrag auf den Heilpraktikertagen 2004 in Essen am 18. April 2004
Toellner, R. : Illustrierte Geschichte der Medizin, Andreas & Andreas Verlagsbuchhandlung, 1. Aufl. 1986, Salzburg