Medizinproduktegesetz
Neben dem Arzneimittelgesetz wurde durch das Medizinproduktegesetz aus dem Jahr 1994, welches in den Jahren 1998 und 2002 novelliert wurde, eine Regelung für vorwiegend physikalisch wirkende Medizinprodukte in Kraft getreten.

Dadurch wurden einige Definitionen des Arzneimittelrechts geändert und eine Gesetzgebung etabliert, die sich parallel zum Arzneimittelrecht entwickelt hat.

Medizinprodukte bilden keine neue Präparatekategorie zwischen Lebens- und Arzneimitteln. Die meisten dieser Präparate bisher als Medikalprodukte oder Medical Devices zusammengefasst.

In Deutschland waren bestimmte Medizinprodukte durch Vorschriften über das Arzneimittelgesetz geregelt, sowohl als zulassungspflichtige Stoffe, wie beispielsweise dentale Füllungswerkstoffe, als auch als Geltungsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 2 AMG ( z.B. Implantate wie künstliche Gelenke). Die einzelstaatlichen Bestimmungen, die der Gesundheit und der Sicherheit der Patienten, der Anwender und ggf. Dritter bei der Anwendung von Medizinprodukten dienen, bedurften daher der Harmonisierung, auch um einen Abbau von technischen Handelshemmnissen innerhalb der Europäischen Union zu erzielen. Die Harmonisierung soll dabei durch eine Verbesserung der industriellen Fertigung sowie durch eine Vereinheitlichung von Sicherheitsstandards auf hohem Niveau erreicht werden.

EG-Medical-Device-Richtlinien
Um im europäischen Rahmen einheitliche Rechtsbedingungen zu schaffen wurde die Richtlinie des Rates über aktive implantierbare medizinische Geräte vom 20.06.1990 (90/385/EWG) erlassen. Damit sind z. B. Herzschrittmacher EG-weit geregelt. Eine zweite Richtlinie des Rates 93/42/EWG vom 14.06.1993 bezüglich Medizinprodukte erfasst alle aktiven nicht-implantierbaren sowie alle nicht-aktiven implantierbaren und nicht-implantierbaren medizinischen Produkte. Darunter fallen Produktgruppen wie beispielsweise Augenklappen, Bandagen, ärztliche Instrumente, Implantate (z. B. künstliche Gelenke), Knochenersatzmaterial (z. B. Hydroxylapatit), Intraocularlinsen, dentale Produkte, Prothesen, Kondome, Verbandmaterial usw. Eine dritte Richtlinie aus dem Jahr 1998 über in-vitro-Diagnostika legt die Anforderungen an diese Produktgruppe z.B. Labordiagnostika fest.

Medizinproduktegesetz
Alle drei vorgenannten Ratsrichtlinien werden mit dem Medizinproduktegesetz vom 2. August 1994 und seinen Novellen in deutsches Recht umgesetzt. Genaue Produktregelungen werden dann im Verordnungsweg geregelt. Die ersten vier Verordnungen sind 1997 und 1998 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden. Sie regeln bereits zahlreiche Aspekte wie Vertriebswege, Verschreibung, Durchführung von Anzeigen, klinische Bewertung und klinische Prüfung, biologische Sicherheitsprüfung oder das Betreiben bestimmter Medizinprodukte, insbesondere aktive Geräte oder Messgeräte.

Ein Teil der Regelungen des MPG, der nicht so detailliert in den Richtlinien aufgeführt ist, z.B. Schutz vor Risiken, klinische Prüfung oder Betriebsverordnungen, ergibt sich aus der Vorschrift der EG-Richtlinien, dass der Mitgliedstaat durch entsprechende Maßnahmen nur Medizinprodukte zulässt, die die Gesundheit nicht gefährden. Zudem sind insbesondere die Ermächtigung für die Medizingeräteverordnung aus dem Gerätesicherheitsgesetz in das MPG übernommen und Betreibervorschriften mit dem Ziel der Qualitätssicherung des Produktes und dessen medizinischer Anwendung aufgenommen worden.

Medizinprodukte - Arzneimittel
Arzneimittel unterscheiden sich von den Medizinprodukten darin, dass die Wirkung der Arzneimittel vorwiegend auf pharmakologischem oder immunologischem Wege oder durch Metabolismus erreicht wird, während Medizinprodukte ihren Zweck hauptsächlich nicht auf pharmakologischem Wege erzielen. Sie tun dies in der Regel vielmehr insbesondere auf physikalische, chemische oder physiko-chemische Art und Weise, einschließlich dem Ersatz oder Unterstützung von Organen oder Körperfunktionen. Die Kommission hat in der Leitlinie 2.1/3 Demarcation between Medical Devices and Medicinal Products (früher MEDDEV 14/93) weitere Hilfestellungen und zahlreiche Beispiele zur Abgrenzung von Medizinprodukten zu Arzneimitteln aufgeführt sowie Informationen zur Handhabung von Medizinprodukt-Arzneimittel-Kombinationen gegeben.

Hersteller
Die Definition des Herstellens bezieht sich nicht nur auf die reine Tätigkeit des Herstellens einschließlich der Entwicklung, Kennzeichnung oder Verpackung des Medizinprodukts. Hersteller eines Medizinproduktes ist auch, wer Medizinprodukte montiert, abpackt, behandelt, aufbereitet oder kennzeichnet. Als Hersteller gilt ferner, wer bei Produkten, die für mehrere Anwendungsmöglichkeiten hergestellt werden, die medizinische Zweckbestimmung festlegt. Für alle diese Aufgaben gilt, dass der Hersteller im eigenen Namen das Medizinprodukt erstmalig in den Verkehr bringt. Wer jedoch bereits in Verkehr gebrachte Medizinprodukte für einen namentlich genannten Patienten entsprechend der Zweckbestimmung montiert oder anpasst, ist grundsätzlich kein Hersteller (z.B. Zahnarzt, Zahntechniker oder Optiker).

Inverkehrbringen
Zum Inverkehrbringen zählt gemäß MPG mit zwei Ausnahmen jede Abgabe von Medizinprodukten an andere. Damit ist das Feilhalten der Produkte im Lager des Medizinprodukteherstellers, anders als im Arzneimittelrecht, noch kein Inverkehrbringen. Deutlicher geht dies aus den Richtlinien hervor, wo das Inverkehrbringen als erste Überlassung des Produktes in Hinblick auf seinen Vertrieb und/oder seine Verwendung definiert ist. Auch die Abgabe eines aufgearbeiteten oder wesentlich veränderten Medizinproduktes zählt als Inverkehrbringen, während Medizinprodukte für medizinische Prüfungen nicht zum Inverkehrbringen zählen.

Risikoklassen
Medizinprodukte werden eingeteilt in die 4 (Risiko)-Klassen I, IIa, IIb und III. Die Entscheidungsregelungen bezüglich der Klassifizierung basieren auf der Verletzlichkeit des menschlichen Körpers (Invasivität) und berücksichtigen die potentiellen Risiken im Zusammenhang mit der möglichen oder tatsächlichen Abgabe, Entnahme oder dem Austausch von Energie oder Substanzen (Produktaktivität) sowie der Dauer ihrer Anwendung (kurzzeitige, vorübergehende oder langfristige Anwendung).

CE-Kennzeichnung und europaweite Marktfähigkeit
Medizinprodukte können innerhalb der gesamten EU grundsätzlich ohne zusätzliche nationale Zulassungs- oder Bestätigungsverfahren frei vermarktet werden. Auch der Handel einschließlich Apotheker, Krankenhaus oder Arzt kann ein Medizinprodukt aus jedem EU-Mitgliedstaat erwerben und in Deutschland in den Verkehr bringen bzw. anwenden. Damit werden wichtige Grundvoraussetzungen für einen freien Warenverkehr innerhalb der Europäischen Union geschaffen.

Die CE-Kennzeichnung bringt der Hersteller an, auf dem Medizinprodukt, auf der Handelspackung sowie auf der Gebrauchsinformation. Für den Heilpraktiker gilt hier, dass er nur Medizinprodukte mit entsprechender CE-Kennzeichnung verwenden darf. Der Vertrieb von nicht CE-gekennzeichneten Produkten, die der Handel vor dem 14. Juni 1998 erworben hat, ist den Handelsstufen noch bis längstens zum 30. Juni 2001 erlaubt gewesen.

Arne Krüger, stellv. Sprecher der Arzneimittelkommission der deutschen Heilpraktiker

LITERATUR:
Blasius, H. et al : Arzneimittel und Recht in Deutschland, WVG, 1. AUfl. 1998, Stuttgart
Blasius, H. et al : Arzneimittel und Recht in Europa, WVG, 1. Aufl. 1998, Stuttgart
Blasius, H. : 25 Jahre Arzneimittelgesetz, Deutsche Apotheker Zeitung, Nr. 41 / 2003
Bundesverband der Arzneimittelhersteller ( BAH ), Homepage, Informationen zum Arzneimittelrecht
Deutsch, E. / Spickhoff, A. : Medizinrecht, Springer-Verlag, 5. Aufl. 2003, Berlin
Krüger, A. Infektionskrankheiten im Kommen ?, Berliner Heilpraktiker Nachrichten Nr. 4 / 1997 und 1 / 1998
Krüger, A. : Arzneimittelkommission Aktuell, Pressemeldungen der Arzneimittelkommission der deutschen Heilpraktiker, Veröffentlicht u.a. in den Fachzeitschriften Naturheilpraxis, Heilpraktiker & Volksheilkunde, WIR und in der Homepage der Arzneimittelkommission unter www.ddh-online.de
Krüger, A. : Die rechtliche Situation der naturheilkundlichen Arzneimittel, Vortrag auf den 42. Berliner Heilpraktikertagen am 25. Oktober 2003
Krüger, A. : Die rechtliche Situation der naturheilkundlichen Arzneimittel in Deutschland und Europa, Vortrag auf den Heilpraktikertagen 2004 in Essen am 18. April 2004
Toellner, R. : Illustrierte Geschichte der Medizin, Andreas & Andreas Verlagsbuchhandlung, 1. Aufl. 1986, Salzburg