Die Anfänge der Pharmazie
Die Anwendung und Herstellung von Arzneimitteln aus den natürlichen Drogen von Pflanzen, Tieren und Mineralstoffen hat eine alte Tradition und ist in ihrer Entwicklung so alt wie die Medizin an sich. Im alten Ägypten, bei den Sumerern, Babylonien, Chinesen, Indern, Griechen und im antiken Rom finden sich Hinweise zur Anwendung und Herstellung von Arzneimitteln. Die Herstellung oblag in den alten Kulturen dem Arzt, bzw. dem Heilkundigen. Dadurch waren Therapeut und Apotheker in einer Person vereint.

Plinus d. Ältere ( 23-79 n.Chr. ) beschrieb in seiner "Naturalis historia" die therapeutischen Anwendungsmöglichkeiten vieler Pflanzen, genauso wie im 1. Jahrhundert Dioskurides und im 2. Jahrhundert Galen. In der weiteren Entwicklung waren lange Zeit arabische Ärzte führend. So beschrieb Ibn al Baitar ( 1197-1248 n.Chr. ) die Pharmakognosie. Im Abendland wurde die Heilkunde und im besonderen die Kräuterheilkunde lange Zeit in den Klöstern erforscht, erweitert und bewahrt. Hier sei als bekannte Heilerin Hildegard von Bingen ( 1098-1179 n.Chr. ) erwähnt. Hier entstanden auch die Vorlagen für die späteren Arzneibücher.

Im Mittelalter kam es zu ersten Universitätsgründungen und damit auch zu einem Medizinstudium, dass als Grundlage für die Ausübung des ärztlichen Berufes diente. Hier liegen auch die ersten Trennungen zwischen dem akademisch ausgebildetem ärztlichen Beruf und den nichtakademischen, nichtärztlichen Heilkundigen.

Bis zum 12. Jahrhundert wurden die Arzneimittel in Europa von den Heilkundigen selber hergestellt. Im 12. und 13. Jahrhundert entstanden ausgehend von Italien auch in Europa selbständige Apotheken. Damit vollzog sich in Europa eine Entwicklung nach, die sich in den arabischen Ländern bereits seit dem 7. Jahrhundert entwickelt hatte.

Kaiser Friedrich II, aus dem Geschlecht der Hohenstaufer, selbst von arabischen Lehrern erzogen, erließ im Jahr 1231 mit den "Constitutiones Regni Siciliae" die erste europäische Arzneimittelgesetzgebung. Apotheken durften nach dieser Gesetzgebung nur in bestimmten Städten des Reiches errichtet werden und nur der Apotheker durfte Arzneimittel herstellen. Der Apotheker unterlag dabei allerdings einer Kontrolle durch die Ärzte, auf deren Wunsch das Arzneimittel hergestellt werden sollte. Die Preise der Arzneimittel wurde staatlich festgelegt.

Diese rechtlichen Prinzipien setzten sich in Europa durch und in Deutschland entstanden vom 14. Jahrhundert an in den Städten Apotheken und regionale Apothekenordnungen. Mit diesen Apothekenordnungen wurde der Verkehr mit Arzneimitteln geregelt und überwacht.

Bis zum Jahr 1700 existierten in ca. 220 deutschen Städten solche Apothekenordnungen, deren Regelungen immer mehr durch landesrechtliche Regelungen ersetzt wurden. Ende des 17. Jahrhunderts wurden auch die ersten verbindlichen amtlichen Arzneibücher herausgegeben, so z.B. die 1698 herausgegebene Pharmakopoe "Dispensatorium Brandenburgicum".

Zu Beginn des 19. Jahrhundert kam es zur Herstellung der ersten "synthetischen" Arzneimittel, wodurch auch neben den Apotheken die ersten pharmazeutischen Betriebe entstanden. Diese ersten Betriebe, zumeist aus der chemischen Industrie stammend, belieferten Anfangs nur Rohstoffe für die Apotheken. Die fortschreitende Industrialisierung führte dann aber dazu, dass die pharmazeutischen Fertigarzneimittel ausschließlich in den Betrieben hergestellt wurden und damit diese Herstellung auch einer gesetzlichen Regelung bedurfte.

Die rechtliche Situation in Deutschland
Im Jahr 1901 enthielt die kaiserliche Verordnung betreffend den Verkehr mit Heilmitteln ( vom 22.10.1901 ) Regelungen darüber, welche Arzneimittel auf den freien Markt durften, was bedeutet, dass diese außerhalb von Apotheken in den Verkehr gebracht werden durften.

Nach § 80 Abs. 1 der Gewerbeordnung wurde eine Arzneitaxe erlassen, die die Gewinnspannen für die in Apotheken abgegeben Arzneimittel festlegte.

Weitere rechtliche Bestimmungen waren das Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln ( Opiumgesetz ) aus dem Jahr 1929, die Verordnung über den Verkehr mit Arzneimitteln aus dem Jahr 1941 und die Polizeiverordnung über die Werbung des Heilwesens aus dem Jahr 1941. Da nach dem Krieg die Herstellung von Arzneimitteln in immer größerem Maße von den Apotheken in die pharmazeutische Industrie verlagert wurde war eine Gesamtbereinigung des Arzneimittelwesens notwendig.

Bis zum Jahr 1961 gab es in Deutschland für den Verkehr mit Arzneimitteln keine umfassende gesetzliche Regelung. Dies änderte sich durch das Arzneimittelgesetz aus dem Jahr 1961.

Das Arzneimittelgesetz (AMG)
Mit dem Arzneimittelgesetz aus dem Jahr 1961 wurde erstmals die Herstellung von Arzneimittel genauer geregelt. Arzneimittel durften damit nur mit behördlicher Erlaubnis hergestellt werden, mit Ausnahme der Herstellung auf Rezept und als Hausspezialität in der Apotheke. Es wurden die Herstellungsleitung, die Kennzeichnungspflicht und die Prüfung geregelt. Besonders die dokumentierte Prüfung der Arzneimittel war ein Fortschritt des Arzneimittelgesetzes aus dem Jahr 1961, da die Prüfungsmethoden aber noch nicht ausreichend waren wurde das Gesetz durch den Conterganskandal überrollt.

Das Arzneimittelgesetz von 1961 wurde mehrfach ergänzt und geändert um den es den neuen Anforderungen an die Arzneimittelsicherheit und auch dem technischen Fortschritt in der Untersuchung von Arzneimitteln anzupassen. Der Arzneimittelverbrauch nahm von 1961 bis Mitte der 70er Jahre um 400 % zu, es kam zur Einführung der Ovulationshemmer ( Pille ) und zur Entwicklung einer großen Zahl von Psychopharmaka. Damit wurden immer mehr "Zustände" und nicht nur eigentliche "Krankheiten" behandelt, bei dehnen der Vergleich zwischen der Nutzwirkung eines Arzneimittels und den Nebenwirkungen natürlich anders ausfällt.

Da tief greifende Änderungen des Arzneimittelrechts notwendig wurden, beschloss der Bundestag das Arzneimittelgesetz von 1961 nicht weiter zu modifizieren, sondern ein gänzlich neues Arzneimittelgesetz zu schaffen. Der Bundestagsausschuss "Jugend, Familie und Gesundheit" richtete für die Neufassung einen Unterausschuss "Arzneimittelrecht" ein. Es wurde dann in 23 Arbeitssitzungen und 7 Anhörungen mit 115 Sachverständigen über 2 Jahre hinweg ein neues Arzneimittelgesetz geschaffen und am 24. August 1976 verabschiedet.

Das Arzneimittelgesetz ( Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln vom 24.8.1976, AMG ) gilt für Human- und Tierarzneimittel. Das oberste Ziel des AMG ist die Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit. Es werden die Zulassung und Registrierung von Arzneimitteln differenziert. Generika, die bisher nicht vom AMG erfasst waren wurden den "Arzneispezialitäten" gleichgestellt und damit von der Zulassungspflicht erfasst. Zur kontinuierlichen Erfassung von Arzneimittelrisiken wurde eine Dauerüberwachung des Arzneimittelverkehrs eingeführt. Im Rahmen des Stufenplanverfahrens ist hier z.B. auch die Arzneimittelkommission der deutschen Heilpraktiker ( AMK ) beteiligt. Da nicht alle Risiken von Arzneimittelschäden ausgeschlossen werden können, wurde eine vom Verschulden unabhängige Gefährdungshaftung des pharmazeutischen Unternehmers eingeführt.

Bei den Arzneimitteln die eine Zulassung erhalten müssen die Qualität des Arzneimittels, die Wirksamkeit und die Unbedenklichkeit nachgewiesen werden. Je nach Risiko werden die Arzneimittel dann als freiverkäuflich ( Reformhaus, Supermarkt ), apothekenpflichtig ( nur in der Apotheke abzugeben, dadurch Informationsmöglichkeit durch den Apotheke) oder verschreibungspflichtig ( nur auf Rezept eines Arztes, Zahnarztes oder Tierarztes ) eingestuft.

Bei homöopathischen oder anthroposophischen Arzneimitteln, die ohne Angabe von Anwendungsgebieten in den Handel gebracht werden sollen, bzw. der pharmazeutische Hersteller kein Zulassungsverfahren durchführen möchte, gibt es die Möglichkeit der Registrierung. Dabei müssen dann lediglich die Qualität und die Unbedenklichkeit nachgewiesen werden, ein Wirksamkeitsnachweis ist hingegen nicht notwendig. Für registrierte Arzneimittel dürfen deshalb auch keine Indikationen angegeben und beworben werden. Registrierte Arzneimittel sind grundsätzlich apothekenpflichtig.

Nach dem AMG darf der Heilpraktiker keine rezeptpflichtigen Arzneimittel verschreiben (§ 48 Abs. 1) und auch keine Arzneimittel herstellen. Dazu gehört schon das Abgeben von Arzneimitteln aus einer Fertigpackung. Eine Ausnahme bildet nur die direkte Applikation beim Patienten oder die Abgabe des gesamten Fertigarzneimittels. Die Arzneimittel dürfen dabei allerdings nicht verkauft, sondern nur gegen Auslagenersatz abgegeben werden. Ein Heilpraktiker darf nur Arzneimittel verordnen, die entweder freiverkäuflich (d.h. auch für den Verkauf außerhalb von Apotheken freigegeben) sind oder Medikamente, die zwar apothekenpflichtig (d.h., die in Apotheken abgegeben werden dürfen), aber nicht verschreibungspflichtig sind.

In der Verordnung über verschreibungspflichtige Arzneimittel vom 31.10.1977 ist in den für Heilpraktiker relevanten Paragraphen 1 und 6 nochmals ausdrücklich formuliert, dass verschreibungspflichtige Arzneimittel nur nach Vorlage einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Verschreibung abgegeben werden dürfen. § 6 regelt die Verschreibungspflicht bei homöopathischen Medikamenten, die eine verschreibungspflichtige Substanz enthalten. Die Verschreibungspflicht ist ab der Potenzierung von D4 aufgehoben. Das gilt allerdings nicht für Stoffe und Zubereitungen, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen.

Betäubungsmittel aus den Anlagen I – III des Betäubungsmittelgesetz ( Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln vom 28.7.1981, BtMG ) dürfen durch Heilpraktiker weder verschrieben noch abgegeben werden, da nach § 13 die „in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel nur von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten“ verschrieben oder „im Rahmen einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Behandlung verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch überlassen werden“ können. Dies gilt z.B. selbst für das homöopathische Präparat Cannabis indica D 30. Eine Zuwiderhandlung stellt einen Straftatbestand dar und wird nach § 29 mit Freiheitsstrafe bis zu 4 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Das Arzneimittelgesetz aus dem Jahr 1976 setzte die erste und zweite europäische pharmazeutische Basisrichtlinie 65/65/EWG und 75/319/EWG sowie die europäische Prüfrichtlinie 75/318/EWG in deutsches Recht um. Auch internationale rechtliche Regelungen, wie der GMP-Richtlinie der WHO ( Weltgesundheitsorganisation ) wurden umgesetzt. Die GMP-Richtlinie ( Gute Herstellungspraxis ) der WHO wurde dann auch Grundlage für die europäischen Regelungen und Leitlinien zur Arzneimittelherstellung.

Das Arzneimittelgesetz wurde durch 12 Novellen weiter novelliert und bearbeitet.

In der DDR basierte das Arzneimittelrecht auf dem Arzneimittelgesetz von 1964, welches in seinen Bestimmungen weit über das AMG von 1961 hinausging. Seit dem 3. Oktober 1990 gilt dann auch in den neuen Bundesländern das AMG 1976.

Arne Krüger, stellv. Sprecher der Arzneimittelkommission der deutschen Heilpraktiker

LITERATUR:
Blasius, H. et al : Arzneimittel und Recht in Deutschland, WVG, 1. AUfl. 1998, Stuttgart
Blasius, H. et al : Arzneimittel und Recht in Europa, WVG, 1. Aufl. 1998, Stuttgart
Blasius, H. : 25 Jahre Arzneimittelgesetz, Deutsche Apotheker Zeitung, Nr. 41 / 2003
Bundesverband der Arzneimittelhersteller ( BAH ), Homepage, Informationen zum Arzneimittelrecht
Deutsch, E. / Spickhoff, A. : Medizinrecht, Springer-Verlag, 5. Aufl. 2003, Berlin
Krüger, A. Infektionskrankheiten im Kommen ?, Berliner Heilpraktiker Nachrichten Nr. 4 / 1997 und 1 / 1998
Krüger, A. : Arzneimittelkommission Aktuell, Pressemeldungen der Arzneimittelkommission der deutschen Heilpraktiker, Veröffentlicht u.a. in den Fachzeitschriften Naturheilpraxis, Heilpraktiker & Volksheilkunde, WIR und in der Homepage der Arzneimittelkommission unter www.ddh-online.de
Krüger, A. : Die rechtliche Situation der naturheilkundlichen Arzneimittel, Vortrag auf den 42. Berliner Heilpraktikertagen am 25. Oktober 2003
Krüger, A. : Die rechtliche Situation der naturheilkundlichen Arzneimittel in Deutschland und Europa, Vortrag auf den Heilpraktikertagen 2004 in Essen am 18. April 2004
Toellner, R. : Illustrierte Geschichte der Medizin, Andreas & Andreas Verlagsbuchhandlung, 1. Aufl. 1986, Salzburg