Die Arzneimittelkommission der deutschen Heilpraktiker, die im Auftrag der Deutschen Heilpraktikerverbände ( DDH ) arbeitet und eine Stufenplanbeteiligte nach § 63 des Arzneimittelgesetzes ist, hat unter anderem die Aufgabe, die deutschen Heilpraktiker über Risiken in der Arzneimittelanwendung und über rechtliche Änderungen zu informieren.
Verschreibungspflicht für Lokalanästhetika
Der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), der sich mit der Risikobeurteilung von Arzneimitteln befasst, hat auf seiner Sitzung vom 25.Januar 2005 aufgrund dokumentierter Risiken bei der parenteralen Anwendung von Lokalanaesthetika die Empfehlung ausgesprochen, diese grundsätzlich der ärztlichen Verschreibung zu unterstellen. Ausgemommen davon sollen Procain und Lidocain in einer bis zu 2%igen Lösung (ohne Zusatz weiterer arzneilich wirksamer Bestanteile) zur intracutanen Anwendung an der gesunden Haut werden.
Somit bliebe dem Heilpraktiker die wichtige und häufig angewendete Reflextherapie mit der intrakuntanen Quaddel erhalten. Weitergehende parenterale Anwendungen blieben nach dieser Ausschussempfehlung dem Arzt vorbehalten. Das mag der Heilpraktiker bedauern, aber aufgrund der Risikoeinschätzung der Stoffgruppe der Lokalanästhetika durch den Sachverständigenausschuss ist die Erhaltung von Procain und Lidocain zur Quaddelanwendung durch Heilpraktiker wohl das Maximale, was verhandelbar war.
In aller Regel wird diese Ausschussempfehlung in der nächsten Verordnung zur Änderung der Verschreibungspflicht durch das BMGS zum 1. Juli 2005 in geltendes Recht umgesetzt.
Die Berufsverbände der Heilpraktiker erteilen gern Auskunft und geben Rat.
Beihilfeerstattung von Arzneimitteln
Die Arzneimittelkommission hat schon wiederholt auf die Probleme, die die Gesundheitsreform, besonders der Wegfall der Erstattungsfähigkeit der gesetzlichen Krankenkassen für rezeptfreie Arzneimittel bedeutet, hingewiesen. Der Wegfall der naturheilkundlichen Arzneimittel aus der Erstattung der gesetzlichen Krankenkassen wird in den letzten Monaten nun leider auch von den Beihilfestellen einiger Bundesländer nachvollzogen. Im Rahmen einer so genannten Neiddiskussion wurde in den Medien immer wieder kritisiert, dass für den Kassenpatient die naturheilkundlichen Arzneimittel, die ja in der Regel nicht verschreibungspflichtig sind, nicht mehr erstattet werden, aber die Beamten diese immer noch von der Beihilfe erstattet bekommen. Die Beihilfestellen gehen auf diese Diskussion ein und tragen ihr Rechnung in dem auch die Beihilfe diese Arzneimittel nicht mehr erstatten. Der Heilpraktiker, der ja nur diese Arzneimittel verordnen kann, wird so in einem wesentlichen Teil seiner therapeutischen Möglichkeiten eingeschränkt.
Der Heilpraktiker muss angesichts der aktuellen Situation seine Patienten über das neue Erstattungsverhalten der Beihilfe informieren, um nicht selbst in dem Falle, dass die Beihilfe die Erstattung der Arzneimittel ablehnt vom Patienten in Regress genommen zu werden. Es gibt Urteile die z.B. bei privatversicherten Patienten klarstellen, dass der Heilpraktiker darauf hinweisen muss, dass die Kosten der Behandlung oder der Arzneimittel evt. nur zum Teil oder auch nicht ersetzt werden. Falls er dies nicht tut, kann der Patient vor Gericht die entsprechenden Kosten vom Heilpraktiker zurückverlangen.
Vorratshaltung 1
Die AMK wurde über den Fall eines Kollegen informiert, in dessen Praxis zwei Sepsisfälle erfolgt sind. Basierend auf diesen Fall erfolgte der Rückruf der NaCl / NaHydrogencarbonatlösung aus Österreich. Unabhängig, ob die Sepsis durch ein unhygienisches Arbeiten des Heilpraktiker erfolgte oder ob die Charge der Lösung verunreinigt war, was die Behörden noch klären werden, gibt es einen arzneimittelrechtliches Problem, auf das die AMK hinweisen möchte.
Das Arzneimittel ist eine Sonderanfertigung der Firma Mayrhofer ( Linz / Österreich ) für eine Apotheke in Österreich. Das Arzneimittel hat nach Aussage der prüfenden Behörde in Deutschland in Österreich keine Zulassung und darf in Österreich nur an österreichische Anstaltsapotheken verkauft werden.
Nach § 73 Abs. 3 AMG dürfen Fertigarzneimittel, die in Deutschland keine Zulassung besitzen, nur eingeführt werden, wenn sie im Herkunftsland in den Verkehr gebracht werden dürfen und von Apotheken bestellt worden sind. Eine Einfuhr direkt an Ärzte oder Heilpraktiker ist nach diesen Bestimmungen ausgeschlossen.
Der Heilpraktiker hätte also das Arzneimittel nicht beziehen und anwenden dürfen. Dass er von dem Arzneimittel gleich 10 Infusionsflaschen bezogen und als Praxisbedarf vorrätig gehalten hat, macht das Vorgehen noch problematischer, denn es dürfen nur Arzneimittel vorrätig gehalten werden, die an mehreren Patienten angewendet werden, was bei einer Infusionsflasche wohl unter den modernen Hygieneanforderungen nicht tragbar ist.
Die AMK wird weiter dazu berichten und die Kollegenschaft immer wieder auf die besonderen Problemfelder der ausländischen Arzneimittel und der Vorratshaltung hinweisen. Die DDH-Verbände sollten dann auch weiterhin ihre Mitglieder auf diese Problematik hinweisen.
Grundsätzlich gilt für alle Arzneimittel, die in Deutschland vertrieben werden, das Arzneimittelgesetz (AMG). Danach müssen alle Arzneimittel zugelassen oder registriert sein. Sollte durch ein solches Arzneimittel ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit erheblich verletzt werden, so haftet der pharmazeutische Unternehmer gemäß § 84 AMG in Verbindung mit § 5 AMG für den eingetretenen Schaden.
Diese Herstellerhaftung setzt allerdings voraus, dass das Arzneimittel entsprechend dem bestimmungsgemäßen Gebrauch eingesetzt wurde und dabei schädliche Wirkungen eingetreten sind, die über den Wissensstand hinausgehen und die Ursachen im Bereich der Entwicklung oder Herstellung liegen, dass der Schaden durch mangelhafte Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist. Gesetzlich sind die Unternehmen gezwungen eine versicherungstechnische Absicherung eines möglichen Schadens mit verbindlichen Höchstgrenzen vorzunehmen. Der pharmazeutische Unternehmer haftet somit für die pharmazeutische Qualität und Unbedenklichkeit sowie für die ordentliche Kennzeichnung. Dies wird zudem von der Bundesoberbehörde sowie von den Landesaufsichtsbehörden überwacht. Im Schadensfall stehen Laboranalysen sowie Rückstellmuster zur Prüfung der Verantwortlichkeit zur Verfügung. Durch die Gebrauchsinformationen des Arzneimittels wird auch der Patient mit in die Verantwortung genommen. Es kann von ihm erwartet werden, dass er sich gewissenhaft an die dort angegebenen Vorschriften hält und in Zweifelsfällen medizinischen Rat einholt.
Auch der Therapeut haftet, wobei sich seine Haftung jedoch weniger auf das Arzneimittel (Qualität und Unbedenklichkeit) richtet, sondern auf den richtigen Einsatz des Arzneimittels, auf die Beachtung von Kontraindikationen und Wechselwirkungen, sowie die ordnungsgemäße Applikation.
In § 73 des AMG ist geregelt, wie Arzneimittel aus dem Ausland nach Deutschland importiert werden können. Arzneimittel, die keine Zulassung in Deutschland besitzen, dürfen trotzdem in den Verkehr gebracht werden, allerdings nur über eine Apotheke. Dieses Inverkehrbringen ist aber nur unter der Voraussetzung möglich, dass sie auch in ihrem Herkunftsland vertrieben werden dürfen. In diesen Fällen dürfen Apotheken derartige Arzneimittel in geringen Mengen, auf besondere Bestellung einzelner Personen und nur im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes von der Apotheke bestellt und abgegeben werden. Dies gilt allerdings nur, wenn das Herkunftsland, aus dem die Arzneimittel stammen, ein Mitgliedsstaat der Europäischen Union ist. Ist dies nicht der Fall, kann der Bezug über eine Apotheke nur auf ärztliche, zahnärztliche oder tierärztliche Verschreibung erfolgen.
Bei Bezug oder Verordnung derartiger, ausländischer Arzneimittel ist daher zu beachten, dass diese Arzneimittel hier keine Zulassung haben und damit auch kein pharmazeutischer Unternehmer nach den Regeln des AMG im Schadensfall haftet. Ob und inwieweit eine Rückgriffshaftung gegen einen im Ausland befindlichen Hersteller durchzusetzen ist, ist rechtlich fraglich, für den Heilpraktiker aber im Schadenfall eine Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz. Zusätzlich besteht ein Problem, dass die Anweisungen oder Gebrauchsinformationen häufig nicht in deutscher Sprache verfasst sind und damit für den Patienten nicht verständlich sind. Damit kommt auf den Heilpraktiker eine deutlich höhere Aufklärungspflicht gegenüber dem Patienten zu, die im Schadensfall auch dokumentiert sein muss. Somit liegt die unmittelbare und häufig alleinige Haftung bei Verordnung ausländischer Arzneimittel direkt beim Heilpraktiker oder Arzt.
Vorratshaltung 2
Bezüglich der Vorratshaltung von homöopathischen Arzneimitteln in der Naturheilpraxis ist folgendes festzustellen. Soweit homöopathische Arzneimittel in der Praxis für die Anwendung an mehreren Patienten vorrätig gehalten werden, ist dies rechtlich möglich. Durch die Anwendung an mehreren Patienten ( z.B. jeder Patient bekommt einen Globulus auf die Zunge ) ist es keine Arzneimittelabgabe, welche der Apotheke vorbehalten ist. Eine Abfüllung, Beschriftung und das Mitgeben der abgefüllten Arzneimittel ist der Apotheke vorbehalten und dem Heilpraktiker nicht erlaubt.
Die vorrätig gehaltenen Arzneimittel müssen sauber, trocken und hygienisch gelagert sein und das Verfallsdatum darf nicht überschritten sein. Verfallene Arzneimittel dürfen nicht verwendet werden und müssen entsorgt werden. Die in manchen Zeitschriften empfohlene Deklarierung „Zu Testzwecken“ klingt zwar elegant, ist aber rechtlich mehr als fraglich.
Haltbar bedeutet in diesem Fall, das Haltbarkeitsdatum darf nicht überschritten sein.
Alle Arzneimittel, die heute produziert werden, tragen ein Haltbarkeitsdatum. Arzneimittel aus den Zeiten „davor“, also ohne ein Haltbarkeitsdatum, haben die maximale Haltbarkeit längst überschritten und dürfen in der Praxis nicht vorrätig gehalten werden.
Solange Arzneimittel eine Registrierung bzw. Zulassung haben, dürfen diese angewendet werden. Lediglich Arzneimittel, die aufgrund eines besonderen Risikos durch den pharmazeutischen Hersteller zurückgerufen werden, fallen aus dieser Anwendungsmöglichkeit heraus. Falls ein Arzneimittel ohne ein besonderes Risiko darzustellen in Zukunft keine Registrierung oder Zulassung mehr erhalten wird, oder der Hersteller auf die Zulassung oder Registrierung verzichtet, kann das in der Praxis vorhandene Arzneimittel noch bis zum Ablauf seiner Haltbarkeit verwendet werden.
Bei den „tierischen“ homöopathischen Arzneimitteln gilt, dass seit BSE besondere Vorschriften zur viralen Sicherheit zu beachten sind, z.B. die Sterilisation. Dies gilt aber nur für Nosoden aus tierischem oder menschlichem Gewebe bzw. Mikroorganismen, nicht für homöopathische Arzneimittel aus Tieren, wie z.B. Apis. Grundsätzlich sind aber „tierische“ Arzneimittel oder Nosoden nicht verboten, sondern viele pharmazeutische Hersteller haben bezüglich der höheren Produktionskosten auf eine weitere Herstellung verzichtet. Für den Heilpraktiker gilt aber auch hier, dass er das in der Apotheke gekaufte Präparat in der Praxis bis zum Ende der Haltbarkeit anwenden darf.
FRAGEN AN DIE ARZNEIMITTELKOMMISSION
Aktuelle Informationen der Arzneimittelkommission können auch unter AMK in der
Homepage der Deutschen Heilpraktikerverbände ( DDH ) www.ddh-online.de eingesehen werden. Da es zu bestimmten Themengebieten immer wieder ähnliche Fragen der
Kollegenschaft gibt, finden Sie auch einzelne Fachthemen, z.B. die Themenbereiche der ausländischen Arzneimittel, der Arzneimittelbevorratung oder zum Arzneimittelgesetz.
Arne Krüger
stellv. Sprecher der AM