Die Arzneimittelkommission der deutschen Heilpraktiker, die im Auftrag der Deutschen Heilpraktikerverbände ( DDH ) arbeitet und eine Stufenplanbeteiligte nach § 63 des Arzneimittelgesetzes ist, hat unter anderem die Aufgabe, die deutschen Heilpraktiker über Risiken in der Arzneimittelanwendung und über rechtliche Änderungen zu informieren.

Verschreibungspflicht
Der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht wurde vom Bundesministerium für Gesundheit neu berufen. Für den Anwenderbereich der Heilpraktiker sind in dem Sachverständigenausschuss Heilpraktiker Karl F. Liebau als Mitglied und Heilpraktiker Arne Krüger als stellv. Mitglied berufen worden.

Auf der 60. Sitzung des Ausschusses, der ersten der neuen Berufungsperiode wurde eine Reihe von Themen diskutiert und entsprechende Beschlüsse gefasst. Das Protokoll der Ausschusssitzung ist im Rahmen der Transparenz von Behördenentscheidungen auf der Website des BfArM ( www.bfarm.de/XXX ) zu lesen.

Lokalanästhetika
Das Bundesministerium für Gesundheit hatte auf Grund § 48 Abs. 2 und 3 des Arzneimittelgesetzes zum 1.6.2006 die Gruppe der Lokalanästhetika zur parenteralen Anwendung - ausgenommen Lidocain und Procain ohne Zusatz weiterer arzneilich wirksamer Bestandteile in Konzentrationen bis zu 2% zur intracutanen Anwendung an der gesunden Haut – unter die Verschreibungspflicht gestellt. Durch diese Verschreibungspflicht wurde die Anwendung von Procain und Lidocain bei selbstständig arbeitenden Hebammen bei der Versorgung von Dammrissen und Dammschnitten eingeschränkt. Anders als bei der Neuraltherapie gab es hier keine stofflichen Alternativen zu den Lokalanästhetika. Der Sachverständigenausschuss beschloss eine Ausnahme von der Verschreibungspflicht und den
Abgabehinweis für Apotheken, dass Hebammen für Praxisbedarf Lokalanaesthetika beziehen können. Die Anwendung für Hebammen ist aber nur beim Dammschnitten, Dammrissen und der Naht von Dammrissen bzw. Dammschnitten erlaubt. Andere Anwendungsmöglichkeiten sind weiterhin von der Verschreibungspflicht betroffen. Da für den Heilpraktiker durch das Verbot der Geburtshilfe, wozu die Versorgung von Dammrissen und Dammschnitten gehört, diese Anwendung nicht in Frage kommt, haben die Hebammen hier keinen höheren Rechtsstatus erhalten, sondern es wurde lediglich eine notwendige therapeutische Maßnahme möglich gemacht.

Die Unterstellung unter die Verschreibungspflicht aus dem Jahr 2006, mit der Ausnahme der intracutanen Anwendung, bedeutete für den Heilpraktiker eine erhebliche Einschränkung seiner therapeutischen Möglichkeiten. Die Heilpraktikerverbände, die in den Deutschen Heilpraktikerverbänden (DDH) zusammenarbeiten und die Arzneimittelkommission der deutschen Heilpraktiker haben in Schreiben und Gesprächen mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG), den Bundestagsabgeordneten und den Vertretern der Bundesländer im Bundesrat versucht, die Lokalanästhetika aus der Verordnung zu entfernen. Diese Versuche blieben leider erfolglos, da die Politiker nicht entgegen einem Votum des Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht eine freizügigere Verordnung befürworten konnten.

Eine pdf-Version der Verordnung mit der Einschränkung der Anwendung von Procain und Lidocain ist auf der Homepage der Arzneimittelkommission unter
www.ddh-online.de/amk zu finden.

Johanniskraut
Der Ausschuss hat eine mögliche Verschreibungspflicht für Johanneskrauthaltige Arzneimittel die bei mittelschweren Depressionen verordnet werden diskutiert. Der Sachverständigenausschuss hatte sich gegen eine Verschreibungspflicht ausgesprochen, da die ärztliche Behandlung bei mittelschweren Depressionen zwar durchaus sinnvoll sei, aber durch die Verschreibungspflicht die Patienten, die eben nicht zum Arzt gehen, sondern sich selbst die Johanneskrautpräparate aus der Apotheke holen, nicht geschützt würden. Bei einer Verschreibungspflicht wäre ja vollkommen offen, ob der Patient sich dadurch veranlasst sieht sich in ärztliche Behandlung zu begeben. Dass viele der Patienten auch von einem Heilpraktiker behandelt würden bliebe bei einer Verschreibungspflicht dann ja auch nicht mehr möglich. Das Bundesministerium für Gesundheit will nun aber entgegen der Empfehlung des Sachverständigenausschuss an der geplanten Verschreibungspflicht festhalten. Die Verordnung soll zum 1. Juli 2008 in Kraft treten, wobei die pharmazeutischen Hersteller eine Abverkaufsfrist bis zum 30. September 2009 erhalten.

Aus Sicht der Arzneimittelkommission ist diese Entscheidung vollkommen unsinnig. Wenn es ein Risiko durch die Johanniskrauthaltigen Arzneimittel gibt, wäre eine Abverkaufsfrist bis 2009 ein erhebliches Risiko. Wenn es aber kein erhebliches Risiko gibt, warum dann die Verschreibungspflicht. Die Vorstellung, einen depressiven Patienten durch die Verschreibungspflicht für naturheilkundliche Arzneimittel in ärztliche Behandlung zu zwingen ist absurd. Mit Spannung kann die nächste Sitzung des Sachverständigenausschuss abgewartet werden, der sicher nicht erfreut sein wird, dass das Bundesministerium anscheinend nur die Entscheidungen umsetzt die ihm genehm sind und andere Entscheidungen einfach ignoriert.

Paracetamol
Eine weitere Entscheidung des Sachverständigenausschuss betraf die Verschreibungspflicht für Paracetamol in Großpackungen. Aufgrund der Suizidgefahr bei Einnahme von mehr als 10 g Paracetamol ( 20 Tabletten ) werden Packungen über 10 g Paracetamol in Zukunft verschreibungspflichtig. Alle parenteralen Paracetamolpräparate fallen ebenfalls unter die Verschreibungspflicht. Unabhängig davon, dass es für den Heilpraktiker nicht allzu schmerzhaft ist, dass die Patienten für Grosspackungen in Zukunft ein ärztliches Rezept benötigen, ist die Begründung mit einem Suizidrisiko schon eine absurde Stilblüten, denn man kann natürlich auch mit 3 Packungen a 10 g Paracetamol Selbstmord begehen. Eine grundsätzliche Frage wäre vielmehr, ob der Staat wirklich die Aufgabe hat, für all diese Risiken eine gesetzliche Regulation des Arzneimittelverkehrs zu schaffen.

Heparin
Aufgrund einer großen Zahl von schweren Nebenwirkungen und Allergien mit teilweise tödlichem Ausgang ist ein Stufenplanverfahren für Heparin durch die Abteilung für Pharmakovigilanz des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte ( BfArM ) eingeleitet worden. Nach den Forschungsergebnissen der amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA sind möglicherweise Verunreinigungen bei unfraktioniertem Heparin für dieses Risiko verantwortlich. Bedingt durch das Stufenplanverfahren sind viele unfraktionierte Heparine zurückgerufen worden und die pharmazeutischen Unternehmer untersuchen ihre Heparine nach Enpfehlung der FDA mit einer speziellen Screeningmethode auf mögliche Verunreinigungen. Der Heilpraktiker kann zugelassenes und nicht zurückgerufenes Heparin in der Praxis anwenden, wobei die Patienten gründlich auf evt. allergische Reaktionen hin zu überwachen sind und im Falle, dass eine entsprechende Nebenwirkung auftritt, muss diese an die Arzneimittelkommission gemeldet werden.

Homöopathie und Anthroposophie
Nach einer Meldung des Branchenverbandes ECHAMP ( European Coalition on Homoeopathic and Anthroposophic Medicinal Products ) ist zwischen 1995 und 2005 der Absatzmarkt für homöopathische und anthroposophische Produkte in der EU um 60 % gestiegen. In Deutschland beträgt die Steigerung sogar 80 %. Diese positiven Zahlen bestätigen das Interesse der Bevölkerung an den naturheilkundlichen Arzneimitteln und damit indirekt an der Naturheilkunde. Angesichts der innerhalb des Berufsstandes immer wieder einmal verbreiteten Panikmache ist dies doch eine positive Nachricht, zumal die deutschen Heilpraktiker vom deutschen Gesetzgeber in den relevanten Kommissionen beteiligt wird.

Gebärmutterhalskrebs
In der letzten Zeit wird in vielen Zeitungsmeldungen auf die Impfung gegen das humane Papillomavirus ( HPV ) hingewiesen und dessen Bedeutung bei der Entstehung von Zervixkarzinomen ( Gebärmutterhalskrebs ) hingewiesen. Hinweise auf Todesfälle, die in einem möglichen zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung stehen, führen vermehrt zu kritischen Diskussionen um diese Impfung. Aus Sicht der Arzneimittelkommission sollte sicher ein mögliches Auftreten von Nebenwirkungen der Impfung genau beobachtet und dokumentiert werden. Hier ist auf der Basis der Meldepflicht nach dem Infektionsschutzgesetz ( IfSG ) auch der Heilpraktiker zur Meldung verpflichtet und aufgerufen. Im Rahmen der Informationen der Patientinnen ist darauf hinzuweisen, dass die Impfung nur gegen einige Varianten des Papillomavirus schützt und daher natürlich kein absoluter Schutz von dem Krebs gewährleistet ist. Auch darf wegen des Risikos der Übertragung von HIV, Hepatitis B und C, Syphilis, Tripper u.v.a. natürlich der Schutz vor Infektionen durch die Verwendung von Kondomen nicht vernachlässigt werden.

Fragen an die Arzneimittelkommission
Aktuelle Informationen der Arzneimittelkommission können auch unter AMK in der Homepage der Deutschen Heilpraktikerverbände ( DDH ) http://www.ddh-online.de// eingesehen werden. Da es zu bestimmten Themengebieten immer wieder ähnliche Fragen der Kollegenschaft gibt, finden Sie auch einzelne Fachthemen, z.B. die Themenbereiche der
ausländischen Arzneimittel, der Arzneimittelbevorratung oder zum
Arzneimittelgesetz.

Arne Krüger
stellv. Sprecher der AMK